Über den Trauerfall (9)
Hier finden Sie ganz besondere Erinnerungen an Silvio Berlusconi, wie z.B. Bilder von schönen Momenten, die Trauerrede oder die Lebensgeschichte.
Silvio Berlusconi
12.06.2023 um 13:50 Uhr von RedaktionSilvio Berlusconi (* 29. September 1936 in Mailand † 12. Juni 2023 in Segrate/Mailand) war ein italienischer Politiker und Unternehmer. Er war viermal Ministerpräsident Italiens (1994–1995, 2001–2005, 2005–2006 und 2008–2011) sowie übergangsweise Außen-, Wirtschafts- und Gesundheitsminister. Von 1994 bis 2013 war Berlusconi Mitglied der italienischen Abgeordnetenkammer. Von 2022 bis zu seinem Tod gehörte er dem Senat an, dessen Mitglied er bereits von März bis November 2013 war. Von der Europawahl 2019 bis Oktober 2022 war er Mitglied des Europäischen Parlaments.
Berlusconi war Eigentümer der Holdinggesellschaft Fininvest. Laut Forbes-Liste 2023 war er mit einem Vermögen von rund 7 Milliarden US-Dollar einer der reichsten Italiener. Von 1986 bis 2004 und von 2006 bis 2008 war er außerdem Präsident des Fußballvereins AC Mailand.
1993 gründete Berlusconi die Partei Forza Italia, die 2009 zusammen mit der Alleanza Nazionale, einem langjährigen Verbündeten seiner Partei, in der auf seine Initiative gegründeten Partei Il Popolo della Liberta (PdL) aufging. Auf dem Gründungsparteitag wurde er am 29. März 2009 zu deren Vorsitzenden gewählt. Am 12. November 2011 trat Berlusconi letztmals von seinem Amt als Ministerpräsident Italiens zurück sein Nachfolger wurde Mario Monti. Am 16. November 2013 ließ Berlusconi den PdL wieder in Forza Italia umbenennen, nachdem sich eine PdL-Gruppierung aus der Regierung Enrico Lettas unter der Führung von Angelino Alfano Berlusconi in den Weg gestellt und bereits am 15. November 2013 die Partei Nuovo Centrodestra als Abspaltung der PdL gegründet hatte.
Nach Berlusconi ist der Berlusconismus benannt, eine Form des Populismus in Italien.
In der Öffentlichkeit war Berlusconi neben seiner politischen Laufbahn durch Affären und Bunga-Bunga-Partys bekannt. Vor italienischen Gerichten waren mehrere Verfahren gegen ihn anhängig. Am 1. August 2013 wurde er wegen Steuerbetrugs rechtskräftig verurteilt und infolgedessen mit einem sechsjährigen Verbot der Bekleidung öffentlicher Ämter belegt. Das Verbot wurde am 12. Mai 2018 vorzeitig aufgehoben.
Italienische Medien gaben Berlusconi die Spitznamen Il Cavaliere („Der Ritter“), was sich auf den ihm 1977 durch einen Arbeitsverdienstorden verliehenen Titel Cavaliere del Lavoro bezieht, und Il Caimano („Der Kaiman“), womit sie den metaphorischen Titel eines satirischen Films von Nanni Moretti aus dem Jahr 2006 aufgriffen.
Leben
Privatleben
Silvio Berlusconi in den 1960er Jahren
Berlusconi ist der älteste Sohn von Luigi Berlusconi und Rosa Bossi und der Bruder von Maria Antonietta und Paolo Berlusconi. Sein Vater war Angestellter der Banca Rasini, in der er bis zum Geschäftsführer avancierte. 1954 erlangte Silvio Berlusconi das Reifezeugnis am Salesianer-Gymnasium Sant’Ambrogio in Mailand. Anschließend begann er an der Universität Mailand das Jura-Studium, das er 1961 mit einer Diplomarbeit über Werbeverträge cum laude abschloss. Für seine Arbeit gewann er einen von der Werbeagentur Manzoni ausgeschriebenen Preis über 2 Millionen Lire. Neben dem Studium arbeitete er als Staubsaugervertreter und als Sänger und Conferencier in Nachtclubs und auf Kreuzfahrtschiffen. Nach dem Studium leistete Berlusconi den – damals noch obligatorischen – Militärdienst nicht ab.
1965 heiratete er Carla Elvira Lucia Dall’Oglio, mit der er zwei Kinder hatte: Maria Elvira, genannt Marina (* 1966) und Pier Silvio (* 1969). 1985 ließ Berlusconi sich scheiden.
1990 folgte die Heirat mit der Schauspielerin Veronica Lario (* 1956) (bürgerlicher Name Miriam Bartolini), mit der er drei Kinder hatte: Barbara (* 1984), Eleonora (* 1986) und Luigi (* 1988). Anfang Mai 2009 gab Lario bekannt, dass sie die Scheidung einreichen wolle. Im Mai 2010 einigte sich Berlusconi mit seiner Noch-Ehefrau auf eine Unterhaltsregelung. Demnach erhielt Lario jährlich 3,6 Millionen Euro sowie ein lebenslanges Wohnrecht in der Villa bei Mailand, die sie mit ihren drei Kindern bewohnt. Lario hatte zuvor 43 Mio. Euro pro Jahr gefordert. Im Februar 2014 wurde in einem Zwischenurteil die Ehe aufgelöst, die Scheidung war damit aber noch nicht abgeschlossen, da über die Höhe der Unterhaltszahlungen noch Jahre prozessiert wurde.
Am 17. Dezember 2012 verkündete Berlusconi seine Verlobung mit dem Showgirl Francesca Pascale (* 1985), die auf seine Initiative von 2009 bis 2012 dem Provinzrat von Neapel angehörte. Pascale war als Tänzerin in der Show Telecafone des Senders Telecapri bekannt geworden. Pascale hatte nach der Wahlniederlage Berlusconis 2006 die Unterstützungsgruppe Silvio ci manchi (Silvio, du fehlst uns) gegründet.
2020 trennte sich Berlusconi von Pascale und ging mit der Abgeordneten Marta Fascina (* 1990) eine Beziehung ein.
Anfang April 2023 wurde bei ihm eine chronische myelomonozytäre Leukämie diagnostiziert. Er verstarb am 12. Juni 2023 im Ospedale San Raffaele, einem Krankenhaus, das sich über die Gemeinden Segrate und Mailand erstreckt.
Berlusconi als Unternehmer
Die Holding Fininvest
Silvio Berlusconi hat seine unternehmerischen Aktivitäten in der Holding Fininvest mit Sitz in Rom und Mailand (Umsatz 2021: 3,8 Milliarden Euro, Nettogewinn: 360 Millionen Euro, rund 16.300 Mitarbeiter) gebündelt. Ihm gehören 63,3 Prozent der Anteile, seiner Tochter Marina und seinem Sohn Pier Silvio aus erster Ehe je 7,65 Prozent, seinen drei weiteren Kindern Barbara, Eleonora und Luigi die restlichen 21,4 Prozent. Die früheren Bauaktivitäten und der Fußballklub AC Mailand sind inzwischen veräußert worden.
Fininvest hält Stand April 2023 Anteile an folgenden Unternehmen:
50 Prozent: MFE – MediaForEurope (ehemals Mediaset) größter Anbieter für kommerzielles Fernsehen in Italien und Spanien sowie Mehrheitsaktionär der deutschen ProSiebenSat.1 Media-Gruppe.
50,3 Prozent: Arnoldo Mondadori Editore italienische Verlagsgruppe und der größte Buchverlag Italiens.
30 Prozent: Banca Mediolanum italienisches Finanzdienstleistungs- und Versicherungsunternehmen.
100 Prozent: Teatro Manzoni (Manzoni-Theater) in der Via Manzoni in Mailand.
100 Prozent: AC Monza Fußballklub aus Monza.
Laut Forbes-Liste 2023 war Silvio Berlusconi mit einem Vermögen von rund 7 Milliarden US-Dollar einer der reichsten Italiener.
Beginn im Bauwesen
Nach einigen Erfahrungen als Immobilienmakler während seiner Studienzeit gründete Berlusconi im Jahr 1961 zusammen mit dem Bauunternehmer Pietro Canali sein erstes Unternehmen, die Cantieri Riuniti Milanesi Srl. Dank einer Bürgschaft des Bankiers Carlo Rasini (Inhaber und Mitbegründer der Banca Rasini, für die Berlusconis Vater arbeitete) konnte die Firma ein Grundstück in der Via Alciati erwerben.
1963 gründete Berlusconi das Unternehmen Edilnord Sas. Das dazu nötige Geld stellten Carlo Rasini und der Schweizer Unternehmer Carlo Rezzonico mit der Aktiengesellschaft für Immobilienlagen in Residenzzentren AG mit Sitz in Lugano zur Verfügung. Die anonymen Geldmittel der Schweizer Aktiengesellschaft wurden zum Teil bei der International Bank in Zürich hinterlegt und gelangten über die Banca Rasini zur Edilnord Centri Residenziali.
1964 begann der Bau mehrerer Hochhäuser in Brugherio, wo eine Modellstadt für 4000 Bewohner entstehen sollte. 1965 wurden die ersten Häuser fertiggestellt, die sich jedoch nicht leicht verkaufen ließen. 1968 wurde die Edilnord Sas di Lidia Borsani e C. gegründet (Lidia Borsani ist eine Cousine Berlusconis), die 712.000 m² Grund in der Gemeinde Segrate erwarb und 1969 mit dem Bau der riesigen Wohnanlage Milano 2 begann.
1972 wurde die alte Edilnord aufgelöst und es entstand die Edilnord Centri Residenziali Sas, wieder trat Lidia Borsani als Gesellschafterin auf, wieder stellte die Aktiengesellschaft für Immobilienlagen in Residenzzentren AG die nötigen Finanzmittel bereit.
Einfahrt zur Villa San Martino in Arcore, ehemals Villa Casati Stampa, Wohnsitz Berlusconis vor seinem Tod
1973 gründete Berlusconi Italcantieri, zunächst als S.r.l. (GmbH), dann als S.p.A. (italienische Aktiengesellschaft). Finanziert wurde die Firma von Schweizer Treuhandgesellschaften, nämlich von der Cofigen, die mit der Banca della Svizzera Italiana verbunden war, und der Eti AG Holding in Chiasso. Im gleichen Jahr erwarb er durch Vermittlung des Anwalts Cesare Previti die Villa Casati Stampa in Arcore, seinen heutigen Hauptwohnsitz. Verkäuferin war eine minderjährige Erbin, die von Previti vertreten wurde.
1974 entstand die Immobiliare San Martino in Rom mit dem Geschäftsführer Marcello Dell’Utri, einem alten Freund aus Studienzeiten, der ihm später bei der Gründung der Partei Forza Italia half und 2010 wegen Verbindungen zur Mafia in zweiter Instanz zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde. Das Kapital stellten zwei Treuhandgesellschaften der BNL bereit.
1978 fusionierten die Firmen „Edilnord“ und „Immobilie San Marino“ zur Milano 2 SpA.
Fernsehen
12.06.2023 um 13:50 Uhr von RedaktionFür die Bewohner der von ihm gebauten Trabantenstadt „Milano 2“ gründete Berlusconi 1972 den lokalen TV-Sender „Milano 2“, der ursprünglich nur in einem Umkreis von etwa zwei Kilometern empfangen werden konnte und vorwiegend leichte Unterhaltung und Kurznachrichten sendete. Das war der Einstieg Berlusconis in die italienische Medienwelt, die er wenige Jahre später dominieren sollte. Weiträumig oder gar landesweit übertragende, private TV-Sender waren damals und noch für fast ein Jahrzehnt verboten. Das Übertragungsgebiet dieses ersten Berlusconi-Senders wurde in den folgenden drei bis vier Jahren über ganz Mailand und große Teile der Lombardei ausgeweitet, wobei der Sender in „Telemilano“ umbenannt wurde.
1980 wurde ein Fußballturnier zwischen den Nationalmannschaften von Argentinien, Brasilien, Deutschland, Italien, den Niederlanden und Uruguay ausgetragen (die so genannte Mundialito). Es kam zu landesweiten Protesten, unterstützt von großen Tageszeitungen wie dem Corriere della Sera und der Gazzetta dello Sport, da die staatliche Fernsehgesellschaft RAI die Spiele nicht live übertrug. Schließlich musste die RAI dem Berlusconi-Sender Canale 5 (dem Nachfolger von Telemilano) den Gebrauch von Satelliten für eine landesweite Übertragung erlauben.
1982 begann Berlusconi über alle seine regionalen Sendestationen dasselbe Programm abzuspielen, so dass de facto ein neuer landesweiter Fernsehsender entstand.
Berlusconi mit Giulio Andreotti (1984)
1982 erwarb er vom Verleger Edilio Rusconi den Fernsehsender Italia 1, 1984 den Sender Rete 4 von der Verlagsgruppe Mondadori. Mit diesen Käufen wurde Mediaset, das Medienunternehmen des Berlusconi-Konzerns Fininvest, zum großen Widersacher des einstigen Monopolisten RAI. Im weiteren Verlauf der achtziger Jahre expandierte er auf den europäischen Medienmarkt:
1986 mit La Cinq nach Frankreich,
1987 mit Tele 5 nach Deutschland (bis 1992),
1989 mit Telecinco nach Spanien.
In Italien gehören Mediaset drei terrestrische Kanäle, die ein gutes Drittel des gesamten italienischen Werbeaufkommens auf sich vereinen. Mit der Einführung des Digitalfernsehens wird die Zahl der nationalen Kanäle auf 60 erweitert, von denen Mediaset dann nur noch 20 Prozent (statt früher 25 Prozent) halten darf.
Mit dem zu Mediaset gehörenden Unternehmen Publitalia 80 war er im Werbegeschäft aktiv.
Weitere Medien und Verlagswesen
Silvio Berlusconi war Mehrheitsaktionär bei zwei der wichtigsten Verlagshäuser Italiens, Mondadori und Einaudi, außerdem bei mehreren kleinen (Elemond, Sperling und Kupfer, Grijalbo, Le Monnier, Pianeta scuola, Edizioni Frassinelli, Electa Napoli, Riccardo Ricciardi editore, editrice Poseidona).
Berlusconi kontrollierte die Kinokette Medusa Cinema zwischenzeitlich war er beteiligt am Videoverleih Blockbuster Italia.
2008 wollte Berlusconi, der sich häufig über verzerrende Darstellungen seines persönlichen Werdegangs und die Dominanz der Linken beklagte, einen eigenen revisionistisch orientierten Geschichtskanal in das Internet einstellen das in Anlehnung an Wikipedia Ovopedia genannte, von Fininvest finanzierte und von Mailand aus betriebene Projekt scheint in der Zwischenzeit jedoch zum Stillstand gekommen zu sein.
Handel und Versicherungen
Berlusconi war im Besitz der Handelsketten Standa (inzwischen an die deutsche Rewe verkauft), und Euromercato (nun im Besitz der französischen Carrefour). Er behauptet, er sei zum Verkauf gezwungen worden, da ihm nach seinem Eintritt in die Politik linksgerichtete Bürgermeister keine Konzessionen für neue Läden mehr erteilt hätten.
Die Gesellschaften Mediolanum und Programma Italia sind im Kredit- bzw. Versicherungswesen tätig.
Sport
Berlusconi war von 1986 bis 2017 Besitzer des Fußballklubs AC Mailand. Bis 2004 war er Präsident des Klubs, bis ihn ein Gesetz zur Regelung des Interessenkonflikts zwang, zurückzutreten.
2004 berichtete die Zeitung Tuttosport unter Berufung auf Aussagen eines ehemaligen Angestellten der Edilnord, Berlusconi sei früher Fan des großen Lokalrivalen Inter Mailand gewesen. In einem Interview mit der Gazzetta dello Sport 2005 behauptete die Witwe des ehemaligen Inter-Präsidenten Ivanoe Fraizzoli, der Cavaliere habe Anfang der 1980er Jahre versucht, den Klub zu kaufen, was später auch von Sandro Mazzola bestätigt wurde. Berlusconi selbst ließ zu diesem Fall verlauten:
“Voglio precisare che non sono mai stato interista, perche non si puo cambiare religione.”
„Ich möchte klarstellen, dass ich niemals Inter-Fan war, weil man nicht seine Religion ändern kann.“
Daneben gründete er Anfang der 1990er Polisportiva Milan, indem er einige ältere Vereine fusionierte. Vereinssportarten sind Baseball, Volleyball, Rugby, und Eishockey. Einige Jahre später wurde der Klub wieder aufgelöst.
Nachdem er vom Amt des Ministerpräsidenten Italiens zurückgetreten war, gab Berlusconi am 30. November 2011 bekannt, dass er zum AC Mailand zurückkehren werde und erklärte dazu: „Es ist sicher, ich werde wieder Milans Präsidentschaft übernehmen. Ich bin der Vereinschef, der am meisten im Fußball gewonnen hat“.
Im April 2017 verkaufte Berlusconis Holding Fininvest die AC Mailand für insgesamt 740 Millionen Euro an ein chinesisches Konsortium um den Unternehmer Li Yonghong.
Am 28. September 2018 wurde die AC Monza von Fininvest übernommen.
Berlusconi als Politiker Beginn der politischen Karriere
12.06.2023 um 13:49 Uhr von RedaktionQuittung für Berlusconis Eintritt in die Propaganda Due
Im Jahr 1978 trat er in die Propaganda Due (P2) ein, ursprünglich eine Freimaurerloge, die in den 1970er Jahren zur Tarnung einer kriminellen politischen Verschwörung genutzt wurde und deren Mitglieder für den Anschlag auf den Hauptbahnhof von Bologna 1980 (85 Tote) mitverantwortlich gemacht werden.
Trotz seiner Nähe zum P2-Mitglied und Chef des Partito Socialista Italiano und Ministerpräsidenten Bettino Craxi, der ihn beim Aufbau seines Medienimperiums unterstützte, engagierte sich Berlusconi jahrelang nicht direkt in der Politik. Als Stimmen aus dem Parlament lauter wurden, die Vorherrschaft Mediasets im Medienbereich zu beschneiden, wurde er aktiv.
1993 unterstützte er den Parteisekretär des neofaschistischen Movimento Sociale Italiano/Destra Nazionale (MSI) Gianfranco Fini bei der Stichwahl für den Posten des Bürgermeisters am 5. Dezember in Rom, indem er öffentlich bekannt gab, er zögere keine Minute, Fini seine Stimme zu geben.
Zunächst versuchte Berlusconi, Politiker der Mitte wie Mariotto Segni und Mino Martinazzoli für den Aufbau eines neuen moderaten, antikommunistischen Bündnisses zu gewinnen. Am 26. Januar 1994 verkündete er dann im Fernsehen in einer vorher aufgezeichneten Rede seinen Eintritt in die Politik. Als Motiv gab er an, die „kommunistische Gefahr“ abwenden zu wollen, d. h. einen Sieg des Mitte-links-Bündnisses.
Parlamentswahlen 1994 – Regierung Berlusconi I
Silvio Berlusconi bei einem Wahlkampfauftritt 1994
Im Winter 1993 entstand unter starker Einbeziehung von Funktionären seiner Firmen, vor allem der Publitalia 80, die politische Bewegung Forza Italia. Am 18. Januar 1994, zehn Wochen vor den Parlamentswahlen, wurde die Partei Forza Italia gegründet, die sich vor allem um Wähler der politischen Mitte und von Mitte-rechts bemühte, die nach der Aufdeckung des Tangentopoli-Skandals im Zuge der Mani-pulite-Ermittlungen und dem folgenden Zusammenbruch der Democrazia Cristiana kaum Wahlalternativen hatten.
Auch dank einer aufwändigen Wahlkampagne, in der Berlusconi seine gesamte Medienmacht zu seinen Gunsten einsetzte (erst später wurde das par-condicio-Gesetz verabschiedet, das die Fernsehsender verpflichtet, allen führenden Politikern und Parteien einen ungefähr gleich großen Zeitraum in der Übertragungszeit zu gewähren), wurden die Parlamentswahlen 1994 zu einem großen Erfolg für die Forza Italia (21,01 Prozent). Nach der Wahl am 27. und 28. März 1994 bildete Berlusconi eine Mitte-rechts-Regierung mit der Alleanza Nazionale von Gianfranco Fini und der Lega Nord von Umberto Bossi.
Nach wenigen Monaten kündigte Letzterer das Bündnis mit der Forza Italia auf. Einer der Hauptgründe war, dass die Lega Nord ihrer Stammwählerschaft nicht vermitteln konnte, wieso die sezessionistische Partei nun plötzlich in Rom am Regierungstisch saß.
Nach dem Fall der Mitte-rechts-Regierung wurde eine Mitte-links-Regierung unter dem Ministerpräsidenten Lamberto Dini gebildet, die von der Lega Nord unterstützt wurde. Diese Governo dei tecnici (Technikerregierung oder auch Regierung der Technokraten) genannte, vom Staatspräsidenten eingesetzte Übergangsregierung stimmte Anfang 1996 Neuwahlen zu und trat zurück.
Parlamentswahlen 1996
Nachdem sich Berlusconi auf keine Allianz mit der Lega Nord einigen konnte, gewann das Ulivo-Bündnis die Neuwahlen vom Mai 1996 unter Führung von Romano Prodi, der Ministerpräsident wurde und den Beitritt Italiens zur Eurozone sicherte, jedoch schon 1998 nach einer verlorenen Abstimmung zur Vertrauensfrage zurücktreten musste. Ersetzt wurde er durch Massimo D’Alema, der jedoch ebenfalls nach einer Niederlage des Ulivo-Bündnisses in den italienischen Regionalwahlen 2000 als Ministerpräsident zurücktrat und schließlich von Giuliano Amato abgelöst wurde. Berlusconi wurde Oppositionsführer und arbeitete mit Massimo D’Alema, dem späteren Ministerpräsidenten und damaligen Vorsitzenden der Democratici di Sinistra, das Projekt einer Verfassungsreform aus, die er schließlich selbst verhinderte. Von 1999 bis 2001 war Berlusconi zudem Mitglied des Europäischen Parlaments.
Parlamentswahlen 2001 – Regierungen Berlusconi II und III
12.06.2023 um 13:48 Uhr von RedaktionChirac, Bush, Blair und Berlusconi beim G8-Gipfel in Evian-les-Bains 2003
Im Mai 2001 gewann Berlusconi zum zweiten Mal die Parlamentswahlen, wiederum begleitet von einem großen Werbeaufwand (z. B. bekam jeder italienische Haushalt eine 128-seitige Berlusconi-Biografie zugesandt). Nach den Wahlen bildete Berlusconi wieder eine Koalition mit der Alleanza Nazionale, der (deutlich geschwächten) Lega Nord, der christdemokratischen UDC und mehreren Kleinparteien.
Der Wahlerfolg war wohl zum einen der Zersplitterung der Mitte-links-Parteien zu verdanken, zum anderen dem während des Wahlkampfes veröffentlichten so genannten Contratto con gli italiani (Vertrag mit den Italienern). In diesem Vertrag versprach Berlusconi potentiellen Wählern steuerliche Erleichterungen, die Halbierung der Arbeitslosenzahlen, große staatliche Projekte, die Erhöhung der Mindestpensionen und eine Verminderung der Straftaten. Dazu verpflichtete er sich, im Falle eines Misserfolges bei den nächsten Wahlen nicht mehr anzutreten.
Nach dem Rücktritt des bisherigen Außenministers Renato Ruggiero am 6. Januar 2002 übernahm Berlusconi das Amt bis zum 14. November 2002. Sein Nachfolger wurde Franco Frattini. Vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2003 war er turnusgemäß Präsident des Rats der Europäischen Union.
Die Regierung Berlusconi II ist jene italienische Regierung, die sich seit dem Zweiten Weltkrieg am längsten an der Macht halten konnte. Gleichwohl fanden häufig Regierungsumbildungen statt, die meist aus Streitigkeiten zwischen Koalitionsparteien resultierten.
Am 20. April 2005 trat Berlusconi nach verlorenen Regionalwahlen nach langem Hin und Her im Zuge einer Regierungsumbildung zurück, wurde dann allerdings umgehend zum dritten Mal Ministerpräsident. Vom 10. März bis zum 17. Mai 2006 übernahm er auch das Amt des Gesundheitsministers.
Parlamentswahlen 2006
Vor den Parlamentswahlen am 9. und 10. April 2006 gab es zahlreiche Kontroversen um Berlusconi. Die italienischen Unternehmensverbände übten offene Kritik an der Wirtschaftspolitik der vergangenen fünf Jahre, die fast zu einem Nullwachstum (0,1 Prozent im Jahre 2005) geführt hatte. Ihrer Meinung nach drohte Italien aus der Gruppe der G8-Länder herauszurutschen. Berlusconi bezeichnete die Vorwürfe als absurd und warnte wiederum vor den Gefahren einer „kommunistischen“ Machtübernahme durch das Mitte-links-Bündnis. Der Wahlkampf war von einer starken verbalen Radikalisierung geprägt.
Nach der sehr knappen Wahlniederlage gegen das Mitte-links-Bündnis L’Unione um Romano Prodi trat Berlusconi am 2. Mai 2006 als Regierungschef zurück. Berlusconi erkannte den Sieg Prodis aber nur zögerlich an und forderte eine Neuauszählung der Stimmen, zumal die Unione nur einen hauchdünnen Vorsprung in der Abgeordnetenkammer hatte und im Senat sogar stimmenmäßig unterlegen war.
Die Spaltung Italiens, die Berlusconi nach der Wahl mehrfach beklagt hatte und derentwegen er auch die Notwendigkeit einer Großen Koalition anmahnte (was die Linke umgehend ausschloss, so lange Silvio Berlusconi noch Teil der Führungsriege der Forza Italia sei), war wohl zu einem gewichtigen Teil auch von ihm selbst verschuldet. Unterstützt von vielen seiner Koalitionäre hatte er im Zuge des Wahlkampfs ständig und eindringlich an die in Italien noch tief verwurzelten Ängste vor dem Kommunismus (vor allem bei älteren Generationen) appelliert. Indem er die meisten Vorwürfe, die ihm gemacht wurden, einfach „umdrehte“ (zum Beispiel warf er den „Linken“ vor, 70 Prozent der Medien zu kontrollieren, kurz vor der Wahl sprach er dann auch von 90 Prozent), erzeugte er in dieser Hinsicht geschickt eine Pattsituation in der öffentlichen Meinung dadurch wurde eine sachliche Diskussion in der breiten Öffentlichkeit erschwert.
Parlamentswahlen 2008 – Regierung Berlusconi IV
Berlusconi während der Vereidigung zum Ministerpräsidenten 2008
Im Vorfeld der Parlamentswahlen 2008 plante Berlusconi die Gründung einer neuen Sammelpartei aus seiner Forza Italia, Alleanza Nazionale, Lega Nord und UDC als Reaktion auf den Zusammenschluss der Partito Democratico, was die anderen Parteien aber ablehnten. Schließlich bildeten seine Partei und Alleanza Nazionale ein gemeinsames Wahlbündnis namens Il Popolo della Libert. Bei den Wahlen am 13. und 14. April 2008 gewann Berlusconis Mitte-rechts-Bündnis aus dem Bündnis Il Popolo della Liberta und den weiteren Parteien Lega Nord und Movimento per l’Autonomia mit deutlichem Vorsprung im Abgeordnetenhaus 46,81 Prozent (344 Sitze) und im Senat 47,32 Prozent (171 Sitze) vor Walter Veltronis Partito Democratico mit 37,54 Prozent (246 Sitze) bzw. 38,01 Prozent (132 Sitze) und konnte mit ausreichender Mehrheit in beiden Parlamentskammern die Regierung bilden. Am 8. Mai 2008 trat Silvio Berlusconi mit der Vereidigung seines vierten Kabinetts zum dritten Mal in 14 Jahren das Amt des italienischen Ministerpräsidenten an. Im März des darauffolgenden Jahres schlossen sich die Regierungsparteien Forza Italia und Alleanza Nazionale, die nach der Wahl bereits eine gemeinsame Fraktion gebildet hatten, auch endgültig zur neuen Partei Il Popolo della Liberta zusammen.
Silvio Berlusconi beim Staatsbesuch in den Vereinigten Staaten mit Barack Obama (2009)
Durch das (nach seinen Urhebern benannte) Bossi-Fini-Gesetz hatte die Regierung Berlusconi im Sommer 2002 das bis dahin geltende Einwanderungsrecht verschärft. Gleichwohl hatte sie 700.000 illegale Einwanderer (italienisch clandestini) legalisiert. Vor der Aufnahme Rumäniens und Bulgariens in die EU (die zum 1. Januar 2007 erfolgte) versäumte es die damalige Regierung Berlusconi, Zuzugsbegrenzungen auszuhandeln, wie dies andere europäische Regierungen getan hatten. Als es nach 2007 zu einem massiven Zuzug von Migranten aus Rumänien kam, die durch eine hohe Kriminalitätsrate auffielen, wurde das Thema der öffentlichen Sicherheit in den Medien nach vorne gespielt, um der nachfolgenden Regierung unter Romano Prodi Versäumnisse vorzuwerfen.
Im Juli 2008 rief die neue Regierung Berlusconi angesichts der anhaltenden illegalen Einwanderung einen landesweiten Notstand aus (zuvor hatte er nur für die Regionen Sizilien, Apulien und Kalabrien gegolten). Nach Angaben des Innenministeriums erreichten im ersten Halbjahr 2008 10.611 Bootsflüchtlinge die italienische Küste, etwa doppelt so viele wie 2007. Mit dem Instrument des Notstands, so Innenminister Roberto Maroni, sei es möglich, den „anhaltenden und außergewöhnlichen“ Zuzug zu bewältigen. Die Opposition warf der Regierung vor, sie schüre Ängste in der Bevölkerung. Regierungskreise verwiesen darauf, dass 2007 bereits das Prodi-Kabinett den nationalen Notstand ausgerufen hatte, ihn allerdings Anfang 2008 wegen des saisonal bedingt nachlassenden Einwanderungsstromes auf die drei süditalienischen Regionen beschränkte. Im Mai 2009 verglich Berlusconi die italienischen Flüchtlingslager mit „Konzentrationslagern“. Er hatte erklärt, dass Flüchtlingen die „KZ-ähnlichen“ Zustände der Auffanglager erspart blieben, wenn deren Asylanträge bereits in Libyen geprüft würden. Der Vergleich wurde vor allem im Ausland stark kritisiert. Dabei orientieren sich die verschärften Einwanderungsregeln am deutschen Zuwanderungsrecht.
Durch die Zusammenarbeit mit libyschen Behörden und die Abwehr von Migranten-Booten auf Hoher See reduzierte die Regierung Berlusconi den Zustrom. Das harte Vorgehen wurde auch von Seiten der katholischen Kirche in Italien schärfstens kritisiert. Im Juli 2009 wurde beschlossen, 500.000 ausländische Haushaltshilfen zu legalisieren (auch als Maßnahme gegen den Pflegenotstand).
Am 13. Dezember 2009 wurde Berlusconi in Mailand nach einer Wahlveranstaltung von einem Mann attackiert und im Gesicht verletzt. Der 42-jährige nicht vorbestrafte Täter, Massimo Tartaglia, warf ihm eine Alabaster-Statuette des Mailänder Doms aus zwei Metern Entfernung ins Gesicht. Berlusconis Nasenbein wurde angebrochen, zwei seiner Zähne beschädigt eine Wunde an seiner Lippe blutete. Tartaglia nannte politische Gründe als Tatmotiv. Vier Tage nach dem Angriff verließ Berlusconi das Krankenhaus. 15 Monate später erforderte dies eine Kiefer-Operation.
Die Einigkeit innerhalb der Popolo della Liberta wurde durch Berlusconis parteiinternen Rivalen Gianfranco Fini, den früheren Vorsitzenden der Alleanza Nazionale, auf die Probe gestellt, der den autoritären Führungsstil des Ministerpräsidenten kritisierte und eine Art internen Oppositionszirkel, die „Generazione Italia“, gründete. Fini, der Berlusconi auch vorwarf, der Lega Nord zu viel Einfluss einzuräumen, ließ es im April 2010 auf einer Parteiveranstaltung in Rom auf einen heftigen verbalen Schlagabtausch ankommen. Berlusconi wies die Kritik zurück und legte Fini den Rücktritt als Präsident der Abgeordnetenkammer nahe.
Silvio Berlusconi (2010)
12.06.2023 um 13:47 Uhr von RedaktionNachdem die Regierung Ende Mai in Hinblick auf die griechische Staatsschuldenkrise einschneidende Sparmaßnahmen in Höhe von 24 Mrd. Euro für die kommenden beiden Jahre verabschiedet hatte, folgte ein umstrittenes Gesetz zur Einschränkung von Telefonüberwachungen und Anfang Juli 2010 der Rücktritt von Aldo Brancher. Brancher, ein langjähriger Vertrauter Berlusconis und früherer Manager seiner Holding Fininvest, war als Minister für die Verwirklichung des Föderalismus ins Kabinett aufgenommen worden. Nach einer Anklage wegen Hehlerei erklärte Brancher nach fast drei Wochen seinen Rücktritt vom Ministerposten. Am 30. Juli 2010 verlor Berlusconi seine Mehrheit im Abgeordnetenhaus, nachdem Gianfranco Fini mit mehr als 30 Abgeordneten seine eigene Parlamentsfraktion Futuro e Liberta per l’Italia (dt.: „Zukunft und Freiheit für Italien“) vorgestellt hatte. Berlusconi überstand Ende September 2010 mit Unterstützung von unter anderem der Futuro e Liberta per l’Italia eine Vertrauensabstimmung, die er mit einem Fünfpunkteprogramm für die restliche Legislaturperiode verbunden hatte. Am 14. Dezember 2010 musste sich Berlusconi einem Misstrauensvotum der Opposition stellen, das er knapp überstand.
Die Ergebnisse der Kommunalwahlen im Mai 2011 galten als schwere Schlappe für Berlusconi. Am 8. Juli 2011 gab Berlusconi in einem Interview bekannt, dass er zur Parlamentswahl 2013 nicht mehr für das Amt des Ministerpräsidenten kandidieren werde er strebe auch nicht das Amt des Staatspräsidenten an. Als sein Nachfolger würde Justizminister Angelino Alfano kandidieren.
Am 29. September 2011 veröffentlichte die Mailänder Zeitung „Corriere della Sera“ einen zunächst geheim gebliebenen Brief (datiert vom 5. August 2011) von Jean-Claude Trichet (dem scheidenden Chef der EZB) und Mario Draghi, dem seinerzeit designierten Chef der EZB, in dem diese Berlusconi ultimativ auffordern, seine Wirtschafts- und Finanzpolitik in Ordnung zu bringen.
Anfang August – wenige Tage nach dem Absenden dieses „Brandbriefs“ – begann die EZB, in großem Umfang italienische Staatspapiere aufzukaufen – die Zinsen für die Aufnahme neuer Schulden waren für Italien inzwischen massiv gestiegen. Auch dies machte der Öffentlichkeit bewusster, wie ernst die Lage für Italien ist.
Am 9. November 2011 kündigte Berlusconi seinen Rücktritt an, den er schließlich am 12. November 2011 bei Staatspräsident Giorgio Napolitano offiziell einreichte. Staatspräsident Giorgio Napolitano beauftragte am 13. November 2011 den parteilosen Wirtschaftswissenschaftler Mario Monti mit der Bildung einer Übergangsregierung (einer Regierung von Technokraten) Monti stimmte „unter Vorbehalt“ zu.
Parlamentswahlen 2013
Am 6. Dezember 2012 kündigte Berlusconi an, als Spitzenkandidat seiner Partei für die Parlamentswahlen 2013 anzutreten. Diese Ankündigung relativierte er am 12. Dezember und machte seine Kandidatur vom Antreten Mario Montis abhängig.
Die italienische Presse rezipierte dies als ein nicht gut durchdachtes politisches Manöver. Ihn habe eher der Frust gegenüber seinen Parteifreunden getrieben. Berlusconi fühle sich betrogen. Seine Schöpfung, der PdL, sei ohne seine Führung auseinandergebrochen.
Verurteilung und Mandatsverlust 2013
Am 1. August 2013 wurde er wegen Steuerbetrugs im Fall Mediaset erstmals letztinstanzlich zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Der Straftatbestand und Berlusconis Alter bedeuteten im italienischen Rechtssystem, dass er die Strafe im Hausarrest oder unter behördlicher Aufsicht mit sozialen Aufgaben für die Dauer von einem Jahr verbringen musste, sofern er nicht durch den Staatspräsidenten begnadigt würde.
Infolge Berlusconis Verurteilung als Steuerbetrüger lehnte der Immunitätsausschuss des Senats am 18. September 2013 ab, ihn im Senat zu belassen. Berlusconi und seine Partei vertraten die Ansicht, dass das Antikorruptionsgesetz legge Severino, das die Rechtsgrundlage für einen Ausschluss und ein Ämterverbot rechtskräftig verurteilter Mandatsträger darstellt, nach Art. 7 der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht „rückwirkend“ gegen ihn angewendet werden könne.
Am 28. September 2013 ließ Angelino Alfano, stellvertretender Ministerpräsident im Kabinett Letta und Sekretär von Berlusconis Partei PdL, mitteilen, dass die fünf Minister seiner Partei zurücktreten werden. Begründet wurde dies mit dem Protest gegen einen Plan, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, doch viele Beobachter sahen dahinter ein politisches Manöver Berlusconis mit dem Ziel, Neuwahlen herbeizuführen. Einen Tag zuvor hatte Ministerpräsident Enrico Letta nach dem Scheitern einer Kabinettssitzung über ein fiskalpolitisches Paket angekündigt, am 2. Oktober 2013 die Vertrauensfrage beiden Kammern des Parlaments zu stellen, um zu sehen, ob er noch über eine stabile Regierungsmehrheit verfüge. Die Minister des PdL unterschrieben am gleichen Wochenende auf Geheiß Berlusconis ihre Rücktritte, kritisierten aber den „extremistischen“ Entscheid ihres Parteivorsitzenden. Am 1. Oktober rief Alfano die über 40 PdL-Abgeordneten auf, bei der Vertrauensfrage für Letta zu stimmen. Am Abend desselben Tages wies Letta die Rücktritte der PdL-Minister zurück. Nachdem sich für Berlusconi abgezeichnet hatte, dass seine Partei ein Misstrauensvotum nicht einheitlich mittragen werde und sogar ein offener Bruch des PdL drohte, erklärte er kurz vor der Vertrauensabstimmung im Senat in einer überraschenden Kehrtwende, dass der PdL der Regierung Letta das Vertrauen aussprechen werde, was sodann auch geschah. Da anschließend auch das Abgeordnetenhaus des italienischen Parlaments Letta das Vertrauen aussprach, war der Versuch Berlusconis, die Regierung Letta zu Fall zu bringen, auf ganzer Linie am Widerstand aus Berlusconis eigener Partei gescheitert.
Am 4. Oktober 2013 stimmte der Immunitätsausschuss des Senats neuerlich über Berlusconi ab. Auch diesen zweiten Antrag, ihn im Senat zu belassen, lehnte der Immunitätsausschuss ab. Nach der Umbenennung des PdL am 16. November 2013 in die „alte“ Forza Italia unter Berlusconi und der Abspaltung einer am 15. November 2013 gegründeten Partei Nuovo Centrodestra (NCD) unter Alfano, welche die Regierung Letta unterstützte, hatte Alfano gleichwohl angekündigt, am 27. November 2013 gegen Berlusconis Ausschluss aus dem Senat zu stimmen. Am 19. Oktober 2013 setzte ein Mailänder Berufungsgericht die Dauer des in Folge des Steuerbetruges im „Fall Mediaset“ verhängten Verbotes öffentlicher Ämter (Nebenstrafe des Urteils), wie von der Staatsanwaltschaft beantragt, mit zwei Jahren fest. Am 27. November 2013 stimmte das Plenum des Senats über diesen Antrag ab und entzog Berlusconi sein Senatsmandat. Zudem wurde ein sechsjähriges Mandatsverbot bis November 2019 verhängt.
Grundlage dieser Entscheidung ist nicht die Verurteilung, zwei Jahre keine Ämter ausüben zu dürfen, sondern das Antikorruptionsgesetz vom 5. Januar 2013 legge Severino (benannt nach dem unterzeichnenden Justizminister), demzufolge keiner Mitglied u. a. des Senats sein kann, der zu einer Gefängnisstrafe von mehr als zwei Jahren wegen bestimmter Delikte (wie u. a. Steuerbetrugs) verurteilt wurde (Art. 1). Das Gesetz gilt für italienische Ämter und gemäß Art. 4 gleichermaßen für die Abgeordneten, die für Italien Mitglieder des Europaparlaments werden wollen. Das Gesetz bestimmt mit der Unwählbarkeit keine Strafe, wofür verfassungsgemäß das Rückwirkungsverbot gelten würde (Art. 25 Abs. 2 der Verfassung), sondern legt als Verwaltungsvorschrift die Voraussetzungen der Unwählbarkeit fest („Incandidabilita“).