Wiglaf Droste

* 27.06.1961 in Herforf
† 15.05.2019 in Pottenstein

Angelegt am 17.05.2019
9.266 Besuche

Über den Trauerfall (6)

Hier finden Sie ganz besondere Erinnerungen an Wiglaf Droste, wie z.B. Bilder von schönen Momenten, die Trauerrede oder die Lebensgeschichte.

Wiglaf Droste

17.05.2019 um 10:26 Uhr von Redaktion

Wiglaf Droste (* 27. Juni 1961 in Herford; † 15. Mai 2019 in Pottenstein) war ein deutscher Autor und Sänger, der vor allem als Satiriker bekannt wurde.

Leben

17.05.2019 um 10:24 Uhr von Redaktion

Wiglaf Droste ging nach dem Besuch des Gymnasiums 1983 von Westfalen nach Berlin. Ein Studium der Publizistik und Kommunikationswissenschaften brach er nach fünf Wochen ab und arbeitete bis 1985 in diversen Aushilfsjobs. Anschließend schrieb er Beiträge für das Spandauer Volksblatt, das Berliner Stadtmagazin tip und die taz. 1987 arbeitete er für kurze Zeit in einer Düsseldorfer Werbeagentur. Wieder zurück in Berlin war er bis Mitte 1988 als Redakteur der taz-Medienseite tätig, ab den 1990ern bis 2006 dann als freier Mitarbeiter für deren Satire-Seite die Wahrheit.

 

1989 trat Droste mit Kommunikaze erstmals als Buchautor in Erscheinung. Zudem verfasste er Beiträge für den WDR, unter anderem im Kritischen Tagebuch und für das Digitale Logbuch im Deutschlandfunk. Von 1989 bis 1991 war er Redakteur des Satiremagazins Titanic, er gründete 1989 die Höhnende Wochenschau sowie 1991, zusammen mit Michael Stein, das „Benno-Ohnesorg-Theater“.

 

Ab 1989 unternahm er Lesereisen und wurde dabei mehrfach von der Thüringer Punk-Rock-Band „Geile Götter“ begleitet. Ab 2000 (CD für immer) trat er als Sänger mit der Chanson-Jazz-Band Spardosen-Terzett auf.

 

Im Kontext der Debatte um den Missbrauch mit dem Missbrauch positionierte sich Droste 1993 mit einem Text in der Titanic derart, dass es in der Folgezeit zu Angriffen und Störaktionen seiner Lesereisen kam.

 

Ab 1994 schrieb er Beiträge für die Tageszeitung junge Welt, ab Januar 2011 hatte er dort eine tägliche Kolumne. Von 2000 bis 2009 schrieb er auch für den Berliner Tagesspiegel.

 

Von 1999 bis 2013 gab Droste mit seinem Freund Vincent Klink die kulinarische Vierteljahreszeitschrift Häuptling Eigener Herd heraus. Mit Klink und dem Zeichner Nikolaus Heidelbach verfasste er 2006 ein humoristisches Buch zum Thema Wurst. Es folgten gemeinsame Werke zu den Themen Weihnachten (2007) und Wein (2008). Darüber hinaus übernahm er bei Heidelbachs Ausstellungen zu diesem Thema Wurst, Wein, Weihnachten Bild – ein buntes Gemüse die Rolle als Vorleser, so zum Beispiel im Caricatura Museum in Frankfurt.

 

Droste gab nur selten Interviews. 2002 wünschte er sich, dass über ihn „nichts in der Zeitung steht“ und er „irgendwann nicht mehr als öffentliche Figur auftaucht“. Im Frühjahr 2009 erhielt Droste das fünfmonatige Stipendium Stadtschreiber zu Rheinsberg und übernahm dessen Wohnung und Amt ebendort.

 

Ab 2006 lebte er vorwiegend in Leipzig, bevor er ins ländliche Oberfranken umzog. Wiglaf Droste starb am 15. Mai 2019 im Alter von 57 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit in Pottenstein (Franken).

Rezeption und Kritik

17.05.2019 um 10:23 Uhr von Redaktion

Droste verstand sich als satirischer Polemiker, was häufig zu Konflikten führte. So wurde ihm als taz-Redakteur die Verantwortlichkeit für die Medienseite entzogen, nachdem in der Ausgabe zum Frauentag am 8. März 1988 ein groß aufgemachter Beitrag (Der Fotofix-Fick) auf der Seite erschienen war, der mit einer in eine Vagina gestopften Banane illustriert war. Droste beendete bald darauf seine Tätigkeit als fester Mitarbeiter der taz, war ihr jedoch später wieder als freier Mitarbeiter verbunden. So schrieb er ab Anfang der 1990er eine freitägliche Kolumne auf deren Satire-Seite »die Wahrheit«.

 

Ende 2006 trennte sich Droste von der taz wegen eines Artikels über die Gesellschaft für deutsche Sprache, der von Redakteur Michael Ringel abgelehnt wurde. Ringel sah darin taz-Interna angedeutet und empfahl ihm nachträglich einen Psychiater. Seit dem Ausscheiden als freier Mitarbeiter veröffentlichte Droste regelmäßig in der jungen Welt.

 

In seinem gemeinsam mit Gerhard Henschel verfassten satirischen Krimi Der Barbier von Bebra (1996) ließ er sich über die ehemaligen DDR-Bürgerrechtler und den Umgang mit religiösen Gefühlen aus. Die Satire wurde in der taz als Fortsetzungsroman vorabgedruckt, der als Buch in der Edition Nautilus erschien. Darin fallen unter anderem auch Wolfgang Thierse, Rainer Eppelmann und Jürgen Fuchs einem Serienmörder zum Opfer. Es kam zu einem Eklat, als die Grünen-Politiker Konrad Weiß und Vera Lengsfeld Droste „literarische Anleitungen zum Mord an Andersdenkenden“ unterstellten und in der Wochenzeitung Welt am Sonntag zum Boykott der Zeitung aufriefen.Die taz unterstützte Droste und fand Sympathie unter anderem bei Peter Laudenbach von der Berliner Zeitung. Im Kontext der Auseinandersetzung wurde auch ein Text Lengsfelds mit der Überschrift „Täterhumor“ in der taz dokumentiert. In der Wochenzeitung Die Zeit erschien dazu unter der Überschrift „Humorgewalt“ ein Artikel von Oliver Tolmein.

 

Drostes Lesungen wurden Mitte der 1990er aufgrund von Sexismusvorwürfen von Feministinnen und Autonomen gestört. Er hatte sich in verschiedenen Beiträgen, z. B. der Kurzgeschichte Der Schokoladenonkel bei der Arbeit, über Aktivistinnen von Projekten zum Thema sexueller Missbrauch von Kindern lustig gemacht (siehe Montessori-Prozess).

 

Seine Kritiker gestanden ihm selbst einen „formvollendeten“ Wortwitz zu, der ihm zur satirischen Zuspitzung und Polarisierung seiner Themen diente. Der SZ-Essayist Willi Winkler ging so weit, Wiglaf Droste wegen seines „Garantiert-ins-Schwarze“-Treffens als „den Tucholsky unserer Tage“ auszumachen.

Werke

17.05.2019 um 10:21 Uhr von Redaktion

Schriften

Kommunikaze. A-verbal, Berlin 1989; Neuausgabe (mit Mein Kampf, Dein Kampf und Am Arsch die Räuber): Edition Nautilus, Hamburg 1998, ISBN 3-89401-296-X.

Mein Kampf, Dein Kampf. Edition Nautilus, Hamburg 1992, ISBN 3-89401-196-3.

In 80 Phrasen um die Welt. Edition Nautilus, Hamburg 1992, ISBN 3-89401-210-2.

Am Arsch die Räuber. Edition Nautilus, Hamburg 1993, ISBN 3-89401-215-3.

Sieger sehen anders aus. Edition Nautilus, Hamburg 1994, ISBN 3-89401-232-3.

Brot und Gürtelrosen und andere Einwürfe aus Leben, Literatur und Lalala. Edition Tiamat, Berlin 1995, ISBN 3-923118-69-4.

Der Barbier von Bebra. Roman (mit Gerhard Henschel). Edition Nautilus, Hamburg 1996, ISBN 3-89401-263-3.

Begrabt mein Hirn an der Biegung des Flusses. Edition Nautilus, Hamburg 1997, ISBN 3-89401-278-1.

In welchem Pott schläft Gott? Stern- und Sterbestunden zweier Fußballfans in Wort und Bild. Illustrationen von Rattelschneck. Edition Nautilus, Hamburg 1998, ISBN 3-89401-285-4.

Zen-Buddhismus und Zellulitis. Polemiken, Glossen, Satiren und Reimgedichte. Kunstmann, München 1999, ISBN 3-88897-218-3.

Bombardiert Belgien! & Brot und Gürtelrosen. Edition Tiamat, Berlin 1999; Reclam, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-15-020043-8.

Der Mullah von Bullerbü (mit Gerhard Henschel). Edition Nautilus, Hamburg 2000, ISBN 3-89401-352-4.

Die Rolle der Frau und andere Lichtblicke. Edition Tiamat, Berlin 2001, ISBN 3-379-20068-9.

Der infrarote Korsar. Ausgesuchte neue Texte. Edition Tiamat, Berlin 2003, ISBN 3-379-20110-3.

Wir sägen uns die Beine ab und sehen aus wie Gregor Gysi. Edition Tiamat, Berlin 2004, ISBN 3-89320-075-4.

Nutzt gar nichts, es ist Liebe. Gedichte. Reclam, Leipzig 2005, ISBN 3-379-00839-7.

Kafkas Affe stampft den Blues. Edition Tiamat, Berlin 2006, ISBN 3-89320-098-3.

Wurst (mit Nikolaus Heidelbach und Vincent Klink). DuMont, Köln 2006, ISBN 3-8321-7992-5.

Will denn in China gar kein Sack Reis mehr umfallen? Edition Tiamat, Berlin 2007; ergänzt: Reclam, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-15-020177-0.

Weihnachten (mit Nikolaus Heidelbach und Vincent Klink). DuMont, Köln 2007, ISBN 978-3-8321-8037-9.

Wein (mit Nikolaus Heidelbach und Vincent Klink). DuMont, Köln 2008, ISBN 978-3-8321-8077-5.

Wir schnallen den Gürtel weiter (mit Vincent Klink). Reclam, Leipzig 2008, ISBN 978-3-15-020158-9.

Im Sparadies der Friseure. Eine kleine Sprachkritik. Edition Tiamat, Berlin 2009, ISBN 978-3-89320-132-7.

Wild (mit Nikolaus Heidelbach und Vincent Klink). DuMont, Köln 2010, ISBN 978-3-8321-9605-9.

Auf sie mit Idyll. Die schöne Welt der Musenwunder (mit einer Gastgeschichte von Rayk Wieland). Edition Tiamat, Berlin 2011, ISBN 978-3-89320-145-7.

Gemüse (mit Nikolaus Heidelbach und Vincent Klink). DuMont, Köln 2011, ISBN 978-3-8321-9652-3.

Sprichst du noch oder kommunizierst du schon? Neue Sprachglossen. Edition Tiamat, Berlin 2012, ISBN 978-3-89320-165-5.

Liebe (mit Nikolaus Heidelbach und Vincent Klink). DuMont, Köln 2012, ISBN 978-3-8321-9688-2.

Die Würde des Menschen ist ein Konjunktiv. Neue Sprachglossen (mit einer Gastgeschichte von Archi W. Bechlenberg). Edition Tiamat, Berlin 2013, ISBN 978-3-89320-175-4.

Schalldämpfer. Eine Revue. Edition Tiamat, Berlin 2014, ISBN 978-3-89320-187-7.

Der Ohrfeige nach. Neue Geschichten, Sprachglossen und Miniaturen. Edition Tiamat, Berlin 2014, ISBN 978-3-89320-191-4.

Wasabi dir nur getan? Gedichte. Illustrationen von Hans Traxler. Kunstmann, München 2015, ISBN 978-3-88897-704-6.

Nomade im Speck. Illustrationen von Nikolaus Heidelbach. Edition Tiamat, Berlin 2016, ISBN 978-3-89320-208-9.

Der Kater Humpelkumpel und ich. Mit Bildern von Jamiri, Reclam, Philipp, jun. GmbH, Verlag 2017, ISBN 978-3-15-011092-8.

Kalte Duschen, warmer Regen. Edition Tiamat, Berlin 2018, ISBN 978-3-89320-224-9.

Herausgeberschaft

Das Wörterbuch des Gutmenschen. Bd. 2, Berlin 2001 (zusammen mit Klaus Bittermann)

Häuptling eigener Herd. (Zeitschrift), Stuttgart 1999 ff. (zusammen mit Vincent Klink)

Tonträger

Grönemeyer kann nicht tanzen, (zusammen mit Bela B.) Weserlabel 1989, 7″-Vinylsingle

Wiglaf Droste – seine schönsten Erfolge. Bremen 1993 (CD)

Die schweren Jahre ab Dreiunddreißig. als Gast: Funny van Dannen 1995 (CD)

Wieso heißen plötzlich alle Oliver? 1996 (CD)

Mariscos y maricones. Zürich 1999 (CD)

für immer. München 2000 (CD)

Das Paradies ist keine evangelische Autobahnkirche. 2001 (2 CDs)

Voltaire: Candide. München 2002 (3 CDs)

Wolken ziehn. Bochum 2002 (CD)

Das große IchundDu. München 2003 (CD)

Ich schulde einem Lokführer eine Geburt. 2003 (CD)

Der Bär auf dem Försterball. Hacks und Anverwandtes. Mit Bernstein, Droste, Wieland und Musik von Petrowsky, 2004 (CD)

Westfalian Alien. 2005 (CD)

Wiglaf Droste und das Spardosen-Terzett: Peter Hacks: Seit du da bist auf der Welt – Liebeslieder. Kein & Aber Records, Zürich 2008, ISBN 978-3-0369-1406-0.

Am Nebentisch belauscht. Kunstmann, München 2009 (CD)

Im Sparadies der Friseure. WortArt, Köln 2010.

Meine ostdeutschen Adoptiveltern und ihr missratener Sohn aus dem Westen. Mit Uschi Brüning und Ernst-Ludwig Petrowsky, Buschfunk, Berlin 2011.

Wiglaf Droste, Renate Kampmann: Die Würde des Menschen ist ein Konjunktiv, WortArt, Köln, 2014, ISBN 978-3-8371-2541-2

 

 

Mitgliedschaften

17.05.2019 um 10:19 Uhr von Redaktion

Wiglaf Droste war Mitglied der Spaßpartei Kreuzberger Patriotische Demokraten/Realistisches Zentrum

Weitere laden...
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel https://de.wikipedia.org/wiki/Wiglaf_Droste aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported (Kurzfassung (de)). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.